Gibt es Sättel speziell für ältere Pferde ?

Ja, gibt es. Wo das junge Pferd noch einen Westernsattel mit etwas weniger Schwung benötigt, um den Rücken aufzuwölben, sind im Alter Sattel mit etwas mehr Schwung besser.

„Alte Pferde für junge (unerfahrene) Reiter“ – ist ein Grundsatz der Reiterei und viele Pferde sind nach einem langen Reitpferdeleben froh, jemanden zu haben, der sich viermal die Woche um sie kümmert. Jemand, der die Hufe auskratzt, sie putzt, mit ihnen spazieren geht, mit ihnen Bodenarbeit macht, sie ins Gelände reitet. Kurzum: Jemand, der die Ruhe und Erfahrung eines alten Pferdes zu schätzen weiß und ihnen noch im hohen Alter eine Aufgabe gibt.
Aber die älteren Semester stellen nicht nur in Sachen Haltung und Fütterung spezielle Ansprüche, sondern auch in punkto Sattel. Welche das genau sind, möchten wir in den folgenden Zeilen behandeln.

Pferdehaut ist, wie unsere eigene auch, einem Alterungsprozess (z. B. durch UV-Stahlung, Wetter…) unterworfen. Sie verliert an Elastizität, das Unterhautfettgewebe baut sich ab, sie wird dünner, regeneriert sich langsamer und heilt schlechter. Diesem Umstand sollte bei der Sattelpassform Rechnung getragen werden. Irritationen wie Druck- oder Scheuerstellen an diesem, in die Jahre gekommenen, Organ durch Westernsattel, Westernpad oder Gurt können weitreichende Folgen nach sich ziehen.

Mit dem Alter verändert sich die Sattellage. Zum einen durch Abbau von Muskulatur- und/oder Fettgewebe, zum anderen durch die Degeneration des Halteapparats. Die Folgen sind Kuhlen hinter der Schulter, Senkrücken, eine hervortretende Wirbelsäule, erhöhter Widerrist oder verminderte Rückenmuskulatur. Diesen Problemen kann man mit speziellen Sattelunterlagen begegnen, wie z. B. Corrective Pad,  Swayback-Pad oder Superflex Pad. Wichtig bei einer Passformoptimierung mittels Westernpad ist, dessen Grenzen zu kennen und gegebenenfalls die Lösung in einem anderen Sattel zu suchen.

Mit den Jahren nimmt die Beweglichkeit ab. Das gilt natürlich auch für die Pferdewirbelsäule. Wo das junge Pferd noch einen Westernsattel mit etwas weniger Schwung benötigt, um den Rücken aufzuwölben, ist im Alter doch der Sattel mit etwas mehr Schwung heranzuziehen. Auch die Gangart ist zu berücksichtigen. Wo das Jungpferd noch den Hang hochgaloppierte und im Trab Strecke gemacht hat, ist der „Rentner“ doch oft die allermeiste Zeit im gemütlichen Schritt unterwegs. Also schenkt man der optimalen Druckverteilung im Schritt besondere Aufmerksamkeit.

Ein Punkt, der immer mal wieder vergessen wird, ist die Veränderung der Sattellage durch Schonhaltung. Viele unserer älteren Pferden müssen sich mit chronischen Krankheitsbildern am Bewegungsapparat herumschlagen. Sie sollen aber nach tierärztlicher Rücksprache durchaus noch mit Maß und Ziel unter dem Sattel bewegt werden. Nach dem Motto: Wer rastet, der rostet. Beckenschiefstand, ungleiche Bemuskelung oder vermindertes Untertreten sind nur einige der Symptome einer im Alter eingeschränkten Bewegungsfreiheit.
Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Wer sich in das alte Pferd hinein fühlen kann wird schnell feststellen, dass auch kleine Veränderungen schnell zum Problem werden können (“alte Bäume versetzt man nicht mehr”). Andererseits sind es oft Kleinigkeiten, wie ein Stückchen Lammfell an der richtigen Stelle, die es dem in die Jahre gekommenen Pferd angenehmer machen einen Sattel zu tragen.

Selbst immer mal wieder mit einem kritischen Auge über den Sattel und seine Passform zu schauen und falls nötig einen Fachmann um Rat zu fragen, sind wir jenen schuldig, die uns auf ihrem Rücken durchs Leben getragen haben.

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